Das kleine physiologische Profil

Eine Praktische Anwendung des FTP-Konzeptes im Zusammenspiel mit der VO2max zur Einschätzung der individuellen Leistungsfähigkeit und Trainingszonenbestimmung

Die im folgenden dargestellte Auswertung ist eine Annährung und spiegelt nicht die tatsächliche physiologische Leistungsfähigkeit wider, da man die VO2max z.B. aus den Berechnungen von modernen Sporttrackern (Garmin, Polar etc.) entnommen hat und die FTP nicht immer die Schwelle widerspiegelt. Deshalb sind die Ausführungen aus dem vorherigen Bolgartikel zur FTP bei der Beurteilung eines solchen kleinen physiologischen Profils unbedingt zu berücksichtigen.

Im Folgenden wird angenommen, dass die berechnete FTP (nicht zwingend nach Allen und Coggan), die Schwelle widerspiegelt, damit die Sauerstoffaufnahme (VO2) bis zum Maximalen Laktat Steady-State (MLSS/Schwelle) simuliert werden kann.

Für die Auswertung benötigt man lediglich:

  • kariertes Blatt Papier
  • Stift
  • Taschenrechner

Als Beispiel nehmen wir folgenden männlichen Athleten (Alter: 27 Jahre, Gewicht: 72kg, Größe: 178cm, VO2max: 72ml/min/kg, FTP: 320Watt). Aus diesen Daten ergeben sich eine absolute VO2max von 5185ml/min und eine relative FTP von 4,4W/kg.


Im 1. Schritt der Auswertung zeichnet man sich ein Koordinatensystem, dass auf der X-Achse die Leistung in Watt und auf der Y-Achse die relative VO2 beschreibt. Das Diagramm beurteilt daher das Leistungsvermögen im Vergleich zur Sauerstoffaufnahme. Anschließend wird die FTP auf der X-Achse mittels einer gestrichelten vertikalen Linie bei 320Watt, sowie die relative VO2max bei 72ml/min/kg mit einer gestrichelten horizontalen Linie eingezeichnet.

Im 2. Schritt wird die lineare Formel zur Berechnung der VO2 bis zum MLSS (im weitesten Sinn FTP) angewendet.

MLSS = (FTP ∙ 11,7 + (KG ∙ 5)) ÷ KG)

Im Zähler der Funktion befindet sich die absolute VO2 am MLSS = 320 ∙ 11,7 + (72 ∙ 5) = 4104ml/min. Dividiert durch das Körpergewicht (72kg) ergibt sich eine relative VO2 am MLSS von 57ml/min/kg. Im Verhältnis zur VO2max entspricht die Schwellenleistung 79% VO2max. Die relative VO2 an der Schwelle kann nun in das Diagramm eingezeichnet werden. Abschließend kann ein O2-Bedarf linear von 5ml/min/kg bis zum MLSS bei 320 Watt eingezeichnet werden. Die theoretische VO2 über der Schwelle kann ebenfalls mit eingezeichnet werden. Diese entspricht aber nicht mehr der Realität, da bei Leistungen über der Schwelle die VO2 ein Plateau erreicht und es zu einem Leveling-Off der VO2 kommt.

Im 3. Schritt wird das Leveling-Off nach der Schwelle per Hand eingezeichnet oder per Hand interpoliert bis die VO2 die horizontal gestrichelte Linie berührt.

Im 4. Schritt wird eine zweite Y-Achse angetragen die den Energieverbrauch (kcal/h) relativ zur Leistung beschreibt. Hierfür wir folgende lineare Formel verwendet:

kcal/h = 3,6 ∙ Watt/h

Damit ergibt sich z.B. bei einer Leistung von 100Watt/h ein Energieverbrauch von 360kcal und bei 200/h 720kcal (rote Linie). Dieser lineare Energieverbrauch ist in der Theorie konstant bis zur maximalen Leistung anwendbar. Durch die zeitlich einsetzende Ermüdung, wie in einem Langdistanztriathlon, nimmt die Ökonomie aber ab, wodurch wahrscheinlich mehr kcal verbraucht werden als nach dieser Formel berechnet.

Im 5. Schritt ist es möglich individuelle Trainingszonen festzulegen z.B. auf Basis von VO2-Werten. Für ein 3 – Zonen Modell könnte Zone 1 oder der LIT-Bereich z.B. bis 50% der VO2max reichen. Dies entspricht einer relativen VO2max von 36ml/min/kg oder eine Leistung von ca. 185Watt. Zone 2 entspricht dem Bereich zwischen Zone 1 und dem MLSS (FTP) und Zone 3 entspricht >MLSS.

Fazit: Natürlich können auch andere Zonenmodelle herangezogen werden. Generell bietet dieses Verfahren aber einen differenzierten und individuelleren Blick auf das Leistungsvermögen, insbesondere unter der Berücksichtigung von Sauerstoff- und Energiewerten, im Vergleich zum bisherigen Verfahren von Allen und Coggan bei dem standartmäßig von der FTP aus fixe Prozentwerte zur Zonenbestimmung genutzt werden. Zudem ist es genauso kostengünstig, smart und einfach mit Papier, Stift und Taschenrechner umsetzbar. 

Als kleines kostenloses Tool habe ich hier noch ein Exceldokument entworfen das zum freien Download zur Verfügung steht:

Mit diesem Excelfile kann man seinen Fortschritt über die Zeit dokumentieren und auf neuere FTP-Formel Ansätze aus der Wissenschaft zugreifen. Dabei sollte man aber die Stichprobe in der erwähnten Studie für den Eigengebrauch berücksichtigen.

Wenn euch dieser Artikel oder das Verfahren gefallen oder vielleicht auch nicht gefallen hat freue ich mich über konstruktive Kommentare. Diskurs bringt Entwicklung.

Das Verfahren zum kleinen physiologischen Profil habe ich im Rahmen meiner Projektaufgabe in der DTU A-Trainer Ausbildung eigenständig entwickelt. Wen die Projektaufgabe interessiert, und es bisher noch nicht nerdy genug war, kann sie sich hier gern herunterladen:

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